"Ordet" - "Das Wort" ist das bekannteste Drama des Dänen Kaj Munk (1898 - 1944), der zwanzig Jahre lang als Pfarrer in der kleinen jütländischen Gemeinde Vedersø an der Nordseeküste wirkte und zugleich ein vielbeachteter Autor war.
Das Schauspiel zeigt das Leben der Menschen in einem dänischen Dorf, so wie Kaj Munk es in Jütland erlebte. Es thematisiert soziale Gegensätze und Konflikte. Aber mehr noch: es zeigt die Spannungen zwischen Ratio und Glauben, Vernünftigkeit und Wahnsinn. Es ringt um Antwort auf einen sinnlosen, viel zu frühen Tod - eine Problematik, die Kaj Munks eigenen Glauben an Gott existentiell herausforderte, solange er lebte. Kaj Munk schrieb "Das Wort" im Jahr 1925. Keine Theaterdirektion besaß den Mut, das Stück auf den Spielplan zu setzen. Erst am 2. September 1932 wurde "Ordet" im Privattheater Betty Nansen in Kopenhagen uraufgeführt. Dieses Theater stand zu der Zeit kurz vor dem Konkurs. Die Premiere wurde ein überwältigender Erfolg, das Theater war gerettet, "Ordet" die Sensation des Kopenhagener Kulturlebens. Bereits in der Saison 1932/33 erlebte "Das Wort" in Skandinavien 582 Aufführungen. Es ist bis heute Anlass zu tiefgehenden, heftigen Diskussionen. Der dänische Regisseur Carl Theodor Dreyer schuf nach Kaj Munks Schauspiel einen viel gerühmten Filmklassiker, der 1954 auf der Biennale in Venedig den ersten Preis erhielt.
Der dänische Dorfpfarrer Kaj Munk (1898-1944) ist im Norden Europas bis heute unvergessen. Mit seinen Dramen wurde er zum Erneuerer des skandinavischen Theaters seiner Zeit. Während des Zweiten Weltkriegs protestierte er öffentlich in Vorträgen und in seinem Schauspiel »Niels Ebbesen« gegen die Besetzung seines Vaterlandes durch die Deutschen. Seine politischen Predigten riefen, je länger der Krieg dauerte, immer unmissverständlicher zum Widerstand auf. Er wurde zur Symbolfigur des dänischen Freiheitswillens. Am 4.Januar 1944 verhaftete ihn ein eigens aus Berlin angereistes SS-Kommando und erschoss ihn unterwegs bei Silkeborg. Mit ihm sollte die Stimme des Widerstands in Dänemark zum Verstummen gebracht werden. Aber die Stimme des Toten tönte hinfort lauter und eindringlicher als die des Lebenden.
In Deutschland ist er, als Dramatiker wie als Widerstandskämpfer »mit der Waffe des offenen Wortes«, weithin unbekannt geblieben. Seit zwei Jahrzehnten bemühe ich mich, meinen Teil dazu beizutragen, dass man diesen Dichterpfarrer aus Vedersø nun auch im deutschen Sprachraum stärker wahrnimmt.
Paul Gerhard Schoenborn
Paul Gerhard Schoenborn (Hrsg.)
Paul Gerhard Schoenborn Jahrgang 1934, studierte Theologie und Philosophie in Wuppertal, Tübingen, Göttingen und Bonn. Er arbeitete als Pfarrer in Rheinhausen-Friemersheim, danach als Studentenpfarrer und später als Pfarrer für Erwachsenenbildung in Wuppertal. Er ist Verfasser oder Herausgeber von Sachbüchern, Arbeitshilfen und Medienpaketen zur politischen Theologie. In Zusammenarbeit mit Rolf Lehfeldt übersetzte Schoenborn sieben der wichtigsten Dramen von Kaj Munk ins Deutsche: Kaj Munk - Schauspiele (2003). 2013 erschien seine Übersetzung der »Oxford-Schnappschüsse« des dänischen Dichterpfarrers. Im Jahre 2004 zeichnete der Kaj Munk Minnefond, Kopenhagen, Paul Gerhard Schoenborn und die Essener Schauspieler Isabel K. Sandig und Ralf Gottesleben mit dem Kaj-Munk-Preis aus.
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